Quartett
von Heiner Müller
Premiere 11.02.2005 / Spieldauer 90 Minuten
Vor zehn Jahren starb einer der größten deutschen Dramatiker – Heiner Müller. In Erinnerung an ihn starteten wir gemeinsam mit dem traditionsreichen freien dresdner Theater „die bühne“ das Inszenierungsprojekt seines Stückes zum Geschlechterkampf – „Quartett“.
In Müllers 1982 nach dem Briefroman „Gefährliche Liebschaften“ von Choderlos de Laclos entstandenen Dialog zwischen der Marquise Merteuil und ihrem ehemaligen Geliebten Vicomte Valmont nehmen die beiden Protagonisten in einem Rollenspiel die Position des jeweils möglichen Anderen ein. So erfinden sie sich als Verführer, Zerstörer und Objekte der Begierde neu, provozieren und verletzen sich gegenseitig lustvoll. Dabei loten sie die Untiefen der Aufklärung aus, Abgründiges wird offenbar – im Angesicht des Überflusses und der Langeweile, wo Sex Ersatz für menschliche Beziehungen ist und der Intellekt den Mensch als triebgesteuertes Tier entlarvt, ist eine Lösung des Geschlechterkonflikts nicht in Sicht. Die erfundenen Figuren werden gemeinsam umgebracht, doch trotz größter Nähe im Tod kommen beide aus Angst vor Schwäche und Machtverlust nicht zueinander.
„Wenn ich über irgendein Thema schreibe, interessiert mich nur das Skelett daran. Hier hat mich interessiert, die Struktur von Geschlechterbeziehungen freizulegen, wie ich sie für real halte, und die Klischees, die Verdrängungen zu zerstören. … Mein Hauptimpuls bei der Arbeit ist die Zerstörung. Also anderen Leuten das Spielzeug kaputtmachen. Ich glaube an die Notwendigkeit von negativen Impulsen.“ (Heiner Müller, 1982)
Der Kampf der Geschlechter ist öffentlich, er hat er seinen Platz in der gesellschaftlichen Realität. Das „theatrum mundi“ findet seine Entsprechung im Schauspiel, das in unserer Gesellschaft in abgeschlossene Räume, gleich Reservaten, zurückgedrängt wurde und erst damit anfängt, seinen Platz in der Öffentlichkeit wiederzugewinnen. Unmittelbarkeit ist dabei der entscheidende mediale Vorteil gegenüber Film und Fernsehen. Deshalb suchen wir Orte auf, die nah an unserem Publikum sind, und erarbeiteten eine Inszenierung, mit der wir, wie wir denken, ihm möglichst nah kommen können.
Mit freundlicher Genehmigung des henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag, Berlin. Gefördert vom Studentenwerk Halle.
Zu sehen
- Bettina Jülich Merteuil
- Dirk Strobel Valmont
Zu spüren
- Volker Dietzel Künstlerische Betreuung
- Axel Kohout Bühnenbild